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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 22.03.2005
Aktenzeichen: 2 UE 582/04
Rechtsgebiete: HVwVfG, OWiG, StVZO
Vorschriften:
HVwVfG § 28 Abs. 1 | |
HVwVfG § 45 Abs. 1 Nr. 3 | |
OWiG § 55 Abs. 1 | |
StVZO § 31a |
2. Die nicht zu widerlegende Behauptung des Halters, ihm seien "außerhalb des angefochtenen Bescheids" (nämlich der Fahrtenbuchauflage selbst) keine Schreiben zugegangen, die die ermittelnde Behörde als einfache Briefsendungen an seine korrekt angegebene Anschrift abgesandt haben wolle, steht der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs nicht von vornherein entgegen.
3. Für die Beurteilung der Frage, ob die nach dem OWiG zuständige Behörde im Sinne des § 31a StVZO alle angemessenen und ihr zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrzeugführers getroffen hat, kommt es nicht auf eine erst nach Eintritt der Verfolgungsverjährung einsetzende Betrachtung an, sondern darauf, ob davor die Ermittlungen in einer Art und Weise geführt worden sind, die - aus der Sicht der Behörde - mit vertretbarem Aufwand erfahrungsgemäß einen hinreichenden Aufklärungserfolg verspricht.
4. Die Verpflichtung zum Führen eines Fahrtenbuchs ergänzt die für das Kraftfahrzeug bestehende Kennzeichnungspflicht; sie kann dem Halter aus besonderem Anlass auch dann befristet auferlegt werden, wenn diesem im Ordnungswidrigkeitenverfahren keine nachweisbare Gelegenheit zur Äußerung gegeben war, eine zunächst unterbliebene Anhörung nach § 28 Abs. 1 HVwVfG aber noch wirksam nachgeholt worden ist (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 HVwVfG).
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil
2. Senat
Verkündet am 22. März 2005
In dem Verwaltungsstreitverfahren
wegen Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs
hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 2. Senat - durch
Vizepräsidenten des Hess. VGH Habbe, Richter am Hess. VGH Hassenpflug, Richter am Hess. VGH Pabst, ehrenamtliche Richterin Backes, ehrenamtlichen Richter Wolf
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2005 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2003 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten der Beklagten vorläufig vollstreckbar, jedoch darf der Kläger die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Fahrtenbuchauflage. Er ist Halter des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ......., dessen Fahrer am 21. Februar 2002 um 16.57 Uhr auf der Babenhäuser Landstraße in Frankfurt am Main die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 42 km/h überschritt.
Laut bei den Behördenakten befindlichen "Datensatzauszügen" vom 2. April und 11. Juni 2002 wurden wegen dieser Verkehrsordnungswidrigkeit am 11. März 2002 ein Anhörungsbogen und zusätzlich am 3. April 2002 eine "Fahreranfrage" jeweils an die Wohnanschrift des Klägers (A-Straße, Frankfurt am Main) versandt. Da hierauf keine Reaktion erfolgte, stellte die zuständige Verwaltungsbehörde das Ordnungswidrigkeitenverfahren am 12. Juni 2002 ein und setzte den Kläger durch eine am 13. Juni 2002 wiederum an die vorgenannte Anschrift abgesandte "Einstellungsmitteilung" davon in Kenntnis, dass die Straßenverkehrsbehörde um Prüfung gebeten worden sei, ob die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31a StVZO in Betracht komme.
Durch dem Kläger persönlich am 25. Juli 2002 zugestellten Bescheid vom 22. Juli 2002 gab die Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main dem Kläger die Führung eines Fahrtenbuchs für die Dauer von sechs Monaten - auch im Falle der Zulassung eines Ersatzfahrzeugs - auf. Bei einer am 7. August 2002 durchgeführten Kontrolle wurde der Kläger gegen 17.10 Uhr in seiner Wohnung angetroffen und dabei festgestellt, dass von ihm kein Fahrtenbuch geführt wurde.
Durch Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 22. August 2002 erhob der Kläger Widerspruch. Wie sich bei der am 19. August 2002 erfolgten Akteneinsicht herausgestellt habe, sei das - angeblich am 11. März 2002 zur Post gegebene - Anhörungsschreiben schon nicht innerhalb der nach der Rechtsprechung zu beachtenden Frist von höchstens zwei Wochen seit Begehung des Verkehrsverstoßes abgesandt worden. Entscheidend aber sei, dass ihm, dem Kläger, außerhalb des hiermit angefochtenen Bescheids keine Schreiben zugegangen seien, insbesondere nicht das Anhörungsschreiben.
Unter dem 4. September 2002 teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, dass seinem Widerspruch gegen die Fahrtenbuchauflage nicht abgeholfen werden könne. Ausweislich der Bußgeldakte seien nämlich sowohl das Anhörungsschreiben vom 11. März 2002 als auch die Fahreranfrage vom 3. April 2002 ordnungsgemäß adressiert und abgesandt worden. Beide Schreiben seien nicht in Rücklauf gekommen, so dass von einer wirksamen Bekanntgabe auszugehen sei. Da schon der Verlust einzelner Schreiben äußerst selten vorkomme, müsse es als Schutzbehauptung betrachtet werden, dass beide Schreiben den Adressaten nicht erreicht haben sollten. Mangels jeglicher Reaktion sei von einer Weigerung des Fahrzeughalters auszugehen, an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes mitzuwirken. Daher komme es auf die Einhaltung der 14-tägigen Erinnerungsfrist nicht an. Nach zweifachem ergebnislosem Anschreiben des Halters seien weitere sinnvolle Ermittlungsansätze nicht mehr vorhanden gewesen, so dass das Bußgeldverfahren wegen Nichtfeststellbarkeit des Fahrers habe eingestellt werden müssen.
Dem hielt der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. September 2002 entgegen, dass der Zugang der angeblich versandten, tatsächlich aber nicht bei ihm eingetroffenen beiden Schreiben nicht bewiesen sei. Die Beweislast liege insoweit bei der Behörde. Es sei im Übrigen bereits vorgekommen, dass für ihn bestimmte Post an einen Herrn .............., wohnhaft im ...................., zugestellt worden sei und umgekehrt.
Mit Schriftsatz vom 8. November 2002, der per Telefax am gleichen Tag bei dem Verwaltungsgericht einging, hat der Kläger mit vertiefter Begründung Klage gegen die Fahrtenbuchauflage vom 22. Juli 2002 erhoben und zugleich wegen der ihr beigefügten Rechtsmittelbelehrung, es könne "Widerspruch" erhoben werden, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. In der Sache selbst sei entscheidend, dass ihm, dem Kläger, außerhalb des angefochtenen Bescheids keine Schreiben zugegangen seien, insbesondere nicht das - ohnehin verspätete - Anhörungsschreiben vom 11. März 2002. Für einen Beweis des ersten Anscheins zu seinen Lasten sei kein Raum.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2002 aufzuheben.
Die Beklagte hat die dem Kläger durch Schreiben vom 4. September 2002 mitgeteilten Gründe wiederholt und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 12. November 2003 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, die Beklagte habe dem Erfordernis eines angemessenen Ermittlungsaufwandes schon wegen Überschreitens der Zwei-Wochen-Frist für die Anhörung des Fahrzeughalters nicht genügt. Darüber hinaus könne auch nicht von einer zu Lasten des Klägers gehenden "faktischen Aussageverweigerung" ausgegangen werden. Auf einen Anscheinsbeweis könne der erforderliche Nachweis des Zugangs einfacher Briefsendungen nicht gestützt werden. Vielmehr habe in dem Fall, dass der Halter den Zugang des Anhörungsbogens bestreite, die Behörde den Zugangsnachweis zu erbringen. Allein der Umstand, dass der Anhörungsbogen nicht an die Behörde zurückgelangte, lasse nicht den zwingenden Schluss zu, dass der Kläger ihn erhalten und dennoch seine Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes verweigert habe. Jedenfalls aber könne die Beklagte schon deshalb den rechtzeitigen Zugang weder des Anhörungsbogens noch des weiteren Schreibens vom 3. April 2002 nachweisen, weil beide Schreiben nach ihren eigenen Angaben nicht innerhalb der Zwei-Wochen-Frist an den Kläger abgesandt worden seien.
Auf den am 10. Dezember 2003 eingegangenen Antrag der Beklagten hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 23. Februar 2004 die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen. Zu deren Begründung trägt die Beklagte vor, die maßgeblichen Umstände führten hier als mittelbare Tatsachen zu dem Schluss, dass zumindest eines der beiden fraglichen Schreiben dem Kläger zugegangen war. Da dieser hierauf in keiner Weise reagiert habe, komme es - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - rechtlich nicht darauf an, dass kein Zugang binnen zwei Wochen nach Begehung der Verkehrsordnungswidrigkeit erfolgt war. Nach aller Lebenserfahrung - und auch unter Berücksichtigung einer gegenüber früher möglicherweise gestiegenen Unzuverlässigkeit der Post - sei es äußerst unwahrscheinlich, dass innerhalb von nur rd. drei Wochen gleich zwei korrekt adressierte Schreiben nicht nur dem Adressaten nicht zugingen, sondern auch dem Absender nicht als unzustellbar zurückgeschickt würden; eine derartige vierfache Fehlleistung der Post liege außerhalb einer realistischen Wahrscheinlichkeit. Für den Zugang zumindest eines der beiden Schreiben beim Kläger spreche überdies der Umstand, dass dem Kläger die fraglichen Schreiben auch nicht von dem in der gleichen Straße wohnenden Herrn ............... oder dessen Ehefrau ausgehändigt worden seien; es gebe nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese versehentlich bei ihnen eingeworfene, jedoch erkennbar für den Kläger bestimmte Postsendungen nicht an den richtigen Empfänger weiterleiteten. Schließlich spreche auch der Umstand, dass die Zustellung des Bescheids vom 22. Juli 2002 an den Kläger persönlich ohne Komplikationen habe erfolgen können, gegen die Annahme, ihm könnten ausgerechnet nur die beiden Schreiben nicht zugegangen sein, deren Zugang für ihn rechtlich ungünstig wäre und hinsichtlich derer auf Grund der von der Behörde gewählten Versendungsart ein unmittelbarer Zustellungsnachweis nicht geführt werden könne. Die Behauptung des Klägers, kein einziges der fraglichen Schreiben erhalten zu haben, könne bei lebensnaher Betrachtung nur als Schutzbehauptung gewürdigt werden. Jedenfalls handele es sich im zuständigen Sachgebiet der Beklagten um eine stets wiederkehrende Fallgestaltung, dass Fahrzeughalter durch Missachtung der einschlägigen Behördenschreiben eine Fahreraufklärung zu verhindern versuchten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2003 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend aus, bereits für die von der Beklagten vorgenommene Unterstellung, er müsse wenigstens eines der in Rede stehenden Behördenschreiben tatsächlich erhalten haben, fehle jeglicher Anhaltspunkt. Darüber hinaus könne im vorliegenden Fall nicht einmal davon ausgegangen werden - und es werde auch ausdrücklich bestritten -, dass die betreffenden Schreiben überhaupt ordnungsgemäß in den Postlauf gegeben wurden. Fehler könnten außer bei der Post auch bei der Beklagten selbst vorkommen; so habe diese schon nach ihrem eigenen Vortrag beispielsweise die Zwei-Wochen-Frist für die Anhörung nicht eingehalten. Von ihm dürfe jedenfalls im Ergebnis nicht der Beweis des Nichtzugangs behördlicher Schreiben verlangt werden; der Beklagten stünden nämlich durchaus Mittel zur Verfügung, die Übersendung ihrer Post so zu organisieren, dass ein etwaiger Zugang auch zu beweisen sei. Weder aus seiner, des Klägers, dienstlicher Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer noch aus seinem außerdienstlichen Verhalten ergebe sich irgendein Anhalt dafür, dass er die Unwahrheit vortragen lasse. Ganz im Gegenteil spreche sein untadeliges Verhalten für seine persönliche Glaubwürdigkeit. Da er keines der beiden Schreiben erhalten habe, habe er die Beklagte auch nicht darauf hinweisen können, dass er sich infolge des erheblichen Zeitablaufs nicht mehr an den Vorfall vom 21. Februar 2002 erinnern könne. Erst bei der Zustellung des Bescheids vom 22. Juli 2002 habe er Kenntnis von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß erhalten. Es dürfte sich von selbst ergeben, dass nach mehr als fünf Monaten nicht mehr festgestellt werden konnte, wer am 21. Februar 2002 Fahrzeugführer war. Die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage erweise sich hier als nicht erforderlich; wegen unzureichender Ermittlungstätigkeit der Beklagten verstoße sie zudem gegen das Übermaßverbot, zumal er, der Kläger, in der Vergangenheit nicht negativ im Straßenverkehr aufgefallen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze sowie den Inhalt der zum Verfahren beigezogenen Behördenakten (zwei Hefte) verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassene Berufung der Beklagten ist entsprechend den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO rechtzeitig begründet worden und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage. Hierfür sind im Einzelnen folgende Erwägungen maßgebend:
Die fristgerecht am 8. November 2002 - innerhalb eines Jahres seit Zustellung des angefochtenen Verwaltungsakts (§§ 74 Abs. 1 und 58 Abs. 2 VwGO, Nr. 12.1 der Anlage zu § 16a HessAGVwGO in der Fassung des Art. 4 des Ersten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 20. Juni 2002, GVBl. I S. 342, 348) - erhobene Klage ist nicht begründet. Der auf § 31a StVZO gestützte Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2002 ist rechtlich nicht zu beanstanden; entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts verletzt er den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs aus Anlass der am 21. Februar 2002 mit dem Fahrzeug des Klägers begangenen - erheblichen - Verkehrsordnungswidrigkeit sind erfüllt; insbesondere war die Feststellung des Fahrzeugführers im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO "nicht möglich". Ein zur Aufhebung der Fahrtenbuchauflage führender Ermessensfehler der zuständigen Straßenverkehrsbehörde ist nicht zu erkennen.
Nach ständiger, auch von dem Verwaltungsgericht zugrunde gelegter Rechtsprechung (vgl. z. B. die Beschlüsse des BVerwG vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 - und vom 23. Dezember 1996 - 11 B 84.96 -, Juris-Dok. Nr. WBRE310676304 und 410002910, jeweils mit zahlreichen Nachweisen) liegt Unmöglichkeit der Fahrzeugführerfeststellung vor, wenn die für die Ahndung von Verkehrsverstößen zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Ob die Aufklärung angemessen war, richtet sich insoweit danach, ob die Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen getroffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und erfahrungsgemäß Erfolg haben können. Dabei können sich Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer nach einem Verkehrsverstoß zu ermitteln, an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser erkennbar die Mitwirkung an einer Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab oder erklärt er, dazu nicht imstande zu sein, so ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben. Dem Erfordernis des angemessenen Ermittlungsaufwands, den § 31a StVZO verlangt, wird allerdings grundsätzlich nur dann genügt, wenn die ermittelnde Behörde den Kraftfahrzeughalter unverzüglich (vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls regelmäßig innerhalb von zwei Wochen) von der mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Zuwiderhandlung in Kenntnis setzt, damit dieser die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann (vgl. Urteil des BVerwG vom 13. Oktober 1978 - VII C 77.74 -, Buchholz 442.16 § 31a StVZO Nr. 5 = NJW 1979, 1054 ff.).
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte bereits diesem Erfordernis nicht genügt, "soweit sie wegen der am 21. Februar 2002 begangenen Ordnungswidrigkeit den Anhörungsbogen ausweislich des Datensatzauszugs vom 11. Juni 2002 erst am 11. März 2002 übersandt haben will"; da das unscharfe Lichtbild eine Identifikation der Person, die das Fahrzeug gelenkt haben könnte, nicht zulasse, könne zudem nicht ausgeschlossen werden, dass schon die verspätete Übersendung des Anhörungsbogens ursächlich für die Nichtfeststellung des Fahrers gewesen wäre, vorausgesetzt der Anhörungsbogen wäre dem Kläger überhaupt zugegangen. Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Allerdings kann sich die Beklagte mit dem Ziel einer großzügigeren Bemessung der Anhörungsfrist nicht generell auf die speziellen Verhältnisse einer Großstadt im Ballungsgebiet, vor allem auf die dort gegebenen besonderen organisatorischen und technischen Schwierigkeiten berufen, die die Feststellung und Benachrichtigung des Kraftfahrzeughalters nach einer Kennzeichenanzeige verzögern können (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 1985 - 2 OE 86/83 - sowie Beschluss des BVerwG vom 12. Februar 1986 - 7 B 180.85 -). Eine Überschreitung der bei der Anhörung des Fahrzeughalters regelmäßig einzuhaltenden Zwei-Wochen-Frist, wie sie sich hier bereits aus den bei den Behördenakten befindlichen Datensatzauszügen ergibt, steht der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs nach ständiger Verwaltungsrechtsprechung aber nicht entgegen, wenn sie für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers nicht ursächlich war. Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn die ergebnislosen Ermittlungen nicht auf Erinnerungslücken des Halters beruhen, sondern - beispielsweise - auf seiner fehlenden Bereitschaft, etwas zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen (vgl. Senatsurteile vom 27. Januar 1987 - 2 UE 661/86 -, DÖV 1987, 875 f., und vom 19. Januar 1988 - 2 UE 1246/87 -, VRS 75/1988, 144 ff.). Dafür, dass die Ergebnislosigkeit der durchgeführten Ermittlungen auf mangelndem Erinnerungsvermögen des Klägers beruhen könnte, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Der Kläger selbst hat sich hierauf auch nicht berufen. Er hat im Gegenteil weder in bestimmter Weise auf einen Anhörungsbogen zu der Verkehrsordnungswidrigkeit noch auf eine gesonderte Fahreranfrage, im Übrigen auch nicht auf die laut handschriftlichem Vermerk am 13. Juni 2002 an ihn abgesandte Mitteilung reagiert, das wegen des Verkehrsverstoßes vom 21. Februar 2002 eingeleitete Verfahren sei eingestellt und die zuständige Straßenverkehrsbehörde um Prüfung gebeten worden, ob die Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs gemäß § 31a StVZO in Betracht komme. Nicht einmal nachdem ihm der angefochtene Bescheid am 25. Juli 2002 persönlich gegen Postzustellungsurkunde zugestellt und bei einer am 7. August 2002 durchgeführten Kontrolle festgestellt worden war, dass von ihm kein Fahrtenbuch geführt wurde, hat er fehlendes Erinnerungsvermögen geltend gemacht, sondern durch seinen Bevollmächtigten mit Widerspruchsschreiben vom 22. August 2002 vortragen lassen, erst bei der am 19. August 2002 erfolgten Akteneinsicht habe sich herausgestellt, dass die nach der Rechtsprechung zu beachtende Frist von höchstens zwei Wochen nicht gewahrt sei; entscheidend sei aber, dass ihm, dem Kläger, außerhalb des hiermit angefochtenen Bescheids keine Schreiben zugegangen seien, also insbesondere nicht das Anhörungsschreiben. Dieses in einer weiteren schriftlichen Stellungnahme vom 25. September 2002 im Hinblick auf Fragen der Beweisführung bei der Zustellung einfacher Briefsendungen vertiefte Vorbringen würdigt der erkennende Senat, nachdem er dem in der mündlichen Verhandlung am 22. März 2005 persönlich anwesenden Kläger rechtliches Gehör gewährt hat, dahin, dass auch aus der Sicht des Klägers selbst nicht etwa sein wegen objektiv verspäteter Anhörung fehlendes Erinnerungsvermögen kausal für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers war; ursächlich für das Scheitern der Ermittlungen war danach vielmehr, dass keines der nach Behauptung der Beklagten mit einfachem Brief an die korrekte Anschrift des Klägers abgesandten Behördenschreiben diesem tatsächlich zuging, er also erstmals am 25. Juli 2002 infolge der förmlichen Zustellung der Fahrtenbuchauflage Kenntnis von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß erlangte, als das deswegen eingeleitete Ermittlungsverfahren also längst eingestellt war, ohne dass er vorher überhaupt die Möglichkeit gehabt hätte, Erklärungen zu dem als Fahrer in Betracht kommenden Personenkreis abzugeben bzw. sich ggf. auf inzwischen fehlende Erinnerung an den 21. Februar 2002 zu berufen. Unerheblich ist deshalb, dass der Kläger erstmals in der Klageschrift vom 8. November 2002 hat vortragen lassen, nach dem 25. Juli 2002 habe er nicht mehr feststellen können, "wer in dem betreffenden Zeitraum den angeblichen Verkehrsverstoß begangen hat bzw. ob ein Verkehrsverstoß überhaupt schuldhaft verursacht wurde". Als ebenso wenig entscheidungserheblich erweist sich sein "vorsorglich wiederholter" Vortrag in der Berufungserwiderungsschrift vom 26. April 2004 (S. 7), wonach er sich nach Kenntniserlangung von dem angeblichen Verkehrsverstoß nicht mehr daran erinnern konnte, wer am 21. Februar 2002 sein Fahrzeug geführt hatte.
Bei einem derartigen Sachverhalt, wie er hier im Hinblick auf die auch im Berufungsverfahren konsequent aufrechterhaltenen, mangels entsprechender Zustellungsnachweise nicht hinreichend sicher zu widerlegenden Behauptungen des Klägers angenommen werden muss, ist für Überlegungen kein Raum, die an ein - hypothetisch - fehlendes Erinnerungsvermögen des Halters bereits ab zwei Wochen nach dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß anknüpfen. Denn rechtlich relevant ist eine Überschreitung der bei der Anhörung regelmäßig einzuhaltenden Frist, falls gerade die verzögerte Anhörung für die Nichtermittlung des Fahrzeugführers ursächlich war; dies kann nur angenommen werden, wenn die Ergebnislosigkeit der Ermittlungen auf Erinnerungslücken des Halters beruht, wem er - wenn er am Tattag nicht selbst gefahren ist - das Fahrzeug seinerzeit zur Benutzung überlassen hatte. Die Feststellung einer solchen Gedächtnislücke als einer subjektiven Tatsache ist Dritten verschlossen. Mangelndes Erinnerungsvermögen findet deshalb im Rahmen des § 31a Abs. 1 StVZO ausschließlich dann Berücksichtigung, wenn sich der Halter selbst - in Kenntnis des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes - hierauf beruft, und zwar bevor das deswegen eingeleitete Ermittlungsverfahren eingestellt wird.
Weil der Kläger dies nicht getan, sondern stets an der Behauptung festgehalten hat, ihm seien "außerhalb des angefochtenen Bescheids keine Schreiben zugegangen", braucht auch nicht näher der Frage nachgegangen zu werden, ob sich der Kläger als Inhaber eines Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsbüros überhaupt auf fehlendes Erinnerungsvermögen an die Fahrzeugnutzung am 21. Februar 2002 hätte berufen können. Ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb muss nämlich grundsätzlich ohne Rücksicht auf die persönliche Erinnerung einzelner Personen in der Lage sein, Geschäftsfahrten anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen (vgl. zuletzt Urteil des VG Braunschweig vom 30. Juni 2004 - 6 A 493/03 -, NZV 2005, 164 ff., mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Darauf kommt es aber nach dem hier zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht an. Der Senat hat deshalb davon abgesehen, weitere tatsächliche Feststellungen hinsichtlich der (auch) geschäftlichen Nutzung des Fahrzeugs F-RM 44 zu treffen, die der Kläger selbst mit der Bemerkung angedeutet hat, möglicherweise sei dieses Fahrzeug damals "von einem Angestellten" gefahren worden.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte dem sich aus § 31a Abs. 1 StVZO ergebenden Erfordernis des angemessenen Ermittlungsaufwands weiterhin auch deshalb nicht genügt, weil sie bereits den ihr obliegenden Zugangsnachweis sowohl für den mit einfachem Brief am 11. März 2002 versandten Anhörungsbogen als auch für die - ebenfalls verspätet - am 3. April 2002 versandte Fahreranfrage nicht führen könne und allein der Umstand, dass der Anhörungsbogen nicht an die Behörde zurückgelangte, nicht den zwingenden Schluss zulasse, der Kläger habe ihn tatsächlich erhalten, verweigere aber dennoch sein Mitwirkung bei der Aufklärung des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes. Dem vermag sich der erkennende Senat ebenfalls nicht anzuschließen.
Aus § 31a StVZO kann nicht geschlossen werden, die nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ermittelnde Behörde sei verpflichtet, bestimmte Ermittlungsmethoden oder Verfahrensweisen anzuwenden, insbesondere Anhörungsschreiben im Sinne des § 55 OWiG dem Fahrzeughalter nicht bloß durch einfachen Brief zu übersenden, sondern zwecks Ermöglichung des Zugangsnachweises förmlich zuzustellen. Ein derartiges Erfordernis, das im Bereich der massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeiten zu einem erheblichen zusätzlichen Kostenaufwand führen müsste, stellt das Gesetz nicht auf. Die hinsichtlich der Bekanntgabe von Verwaltungsakten geltenden Vorschriften sind - ebenso wie die zum Beweis des ersten Anscheins entwickelten Grundsätze - hier nicht anwendbar. Vielmehr ist gemäß § 55 Abs. 1 OWiG für die Anhörung § 163a Abs. 1 der Strafprozessordnung mit der Einschränkung anzuwenden, dass es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern. Dies kann grundsätzlich durch einfache Übersendung eines Anhörungsbogens (und, falls der nur anhand des Fahrzeugkennzeichens zu ermittelnde Halter hierauf nicht reagiert, einer Fahreranfrage) an seine - korrekte - Anschrift geschehen. Rechtsstaatliche Grundsätze erfordern es entgegen der Ansicht des Klägers darüber hinaus nicht, dass dem Fahrzeughalter im Hinblick auf eine bei Nichtfeststellung des Fahrzeugführers in Betracht kommende Fahrtenbuchauflage schon im Ordnungswidrigkeitenverfahren gerade durch förmlich zuzustellendes Anhörungsschreiben Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußeren. Vielmehr gilt auch insoweit der allgemeine Grundsatz, dass die für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Behörde in sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen diejenigen Maßnahmen zu treffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und in gleichliegenden Fällen erfahrungsgemäß zum Erfolg führen können (vgl. Beschluss des BVerwG vom 9. Dezember 1993 - 11 B 113.93 -, Juris-Dok. Nr. WBRE 310676304 m.w.N. sowie Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 9. April 1991 - 10 S 745/91 -, NZV 1991, 328). Fehlen - wie hier - nähere Anhaltspunkte dafür, wer den durch eine automatische Überwachungsanlage festgestellten Verkehrsverstoß begangen haben kann, liegen also insbesondere ein aussagekräftiges Tatfoto oder besondere Einzelfallumstände nicht vor, aus denen auf die Person des Fahrzeugführers geschlossen werden kann, ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende und kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben, etwa den Halter in seiner Wohnung aufzusuchen oder ihm einen weiteren Anhörungsbogen förmlich zustellen zu lassen, wenn ihm - aus ihrer Sicht - durch einfachen Brief bereits wiederholt Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde, eine inhaltliche Stellungnahme jedoch vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ausgeblieben ist. Im Rahmen der weitgehend automatisierten Bearbeitung von Kennzeichenanzeigen darf sie davon ausgehen, dass jedenfalls eines von zwei ausweislich entsprechender Datensatzauszüge korrekt adressierten und abgesandten Anhörungsschreiben, die auch nicht als unzustellbar an sie zurückgelangt sind, den Empfänger erreicht haben muss und das Ausbleiben einer jeglichen Reaktion hierauf Ausdruck der fehlenden Bereitschaft des Fahrzeughalters ist, an der Aufklärung des zugrunde liegenden Verkehrsverstoßes sachdienlich mitzuwirken. Diese Schlussfolgerung ist auch im Hinblick auf die hier gegebenen Einzelfallumstände gerechtfertigt.
Ungeachtet der von dem Kläger hervorgehobenen Möglichkeit, dass sowohl der ermittelnden Behörde bei der Absendung als auch der Post bei der Zustellung einfacher Briefe Fehler unterlaufen können, erscheint es nämlich bereits objektiv äußerst unwahrscheinlich, dass weder der Anhörungsbogen vom 11. März 2002 noch die Fahreranfrage vom 3. April 2002 bei dem korrekt angegebenen Empfänger der Briefsendungen eingegangen, aber auch nicht an die Beklagte zurückgelangt sind; dies gilt vorliegend um so mehr, als der Kläger nach seiner - letztlich nicht zu widerlegenden - Behauptung auch ein drittes Schreiben der Ermittlungsbehörde nicht erhalten hat, nämlich die Mitteilung über die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, auf die ebenfalls keine Reaktion, etwa in Form einer naheliegenden Rückfrage, erfolgte.
Entscheidend aber ist, dass es für die Beurteilung, ob die Behörde alle angemessenen und ihr zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrzeugführers getroffen hat, nicht auf eine erst nach Eintritt der Verfolgungsverjährung einsetzende Betrachtung ankommt, sondern darauf, ob die Ermittlungen davor in einer Art und Weise geführt worden sind, die aus der Sicht der zuständigen Behörde mit vertretbarem Aufwand erfahrungsgemäß einen hinreichenden Aufklärungserfolg verspricht. Wenn die Behörde in dem Fall, dass mangels eines verwertbaren Tatfotos kein Ansatz für weitergehende Aufklärungsmaßnahmen besteht, ihre Ermittlungsbemühungen auf die einfache Übersendung eines Anhörungsbogens und - nach Verstreichen einiger Wochen - einer Fahreranfrage an die richtige Anschrift des über das Fahrzeugkennzeichen ausfindig gemachten Halters beschränkt, kann dies deshalb nicht im Nachhinein in dem Streit über die Rechtmäßigkeit einer von der Straßenverkehrsbehörde getroffenen Anordnung zur Führung eines Fahrtenbuchs gerichtlich beanstandet werden. Hierzu zwingt entgegen der Ansicht des Klägers nicht der Umstand, dass er den Zugang sämtlicher Behördenschreiben außer der angefochtenen Fahrtenbuchauflage selbst nach wie vor bestreitet und die Beklagte nicht den Nachweis führen kann, dass ihm - in Form zweier einfacher Briefsendungen - tatsächlich Gelegenheit gegeben wurde, sich zu der Beschuldigung zu äußern. Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs setzt nämlich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht zwingend voraus, dass dem Halter zumindest ein Anhörungsschreiben im Sinne des § 55 Abs. 1 OWiG nachweisbar zugegangen ist und er es tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Dies entspricht auch der früheren, in dem Gerichtsbescheid vom 18. April 1991 (- III/1 E 2126/89 -, DAR 1991, 315) freilich nicht mehr aufrechterhaltenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts. Vielmehr genügt es, wenn der Behörde die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften - nach näherer Maßgabe der vorstehend dargelegten Grundsätze - "nicht möglich" war. Denn der Zweck der Fahrtenbuchauflage besteht darin, im Interesse der Allgemeinheit zu gewährleisten, dass Personen, die Verkehrsverstöße begehen, alsbald und ohne Schwierigkeiten ermittelt werden können. Die Fahrtenbuchführungspflicht nach § 31a StVZO ergänzt also die für das Kraftfahrzeug bestehende Kennzeichnungspflicht, wenn dazu besonderer Anlass besteht (vgl. Beschluss des BVerwG vom 12. Februar 1980 - 7 B 82.79 -, Buchholz a.a.O. Nr. 7 m.w.N.), falls nämlich ein Verkehrsverstoß von einigem Gewicht trotz angemessenen und zumutbaren Ermittlungsaufwands der für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten bzw. -straftaten zuständigen Behörde nicht hat aufgeklärt werden können. Deshalb hat der erkennende Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 22. Juni 1995 - 11 B 7.95 -, Buchholz a.a.O. Nr. 22) wiederholt entschieden, dass ein doppeltes "Recht", nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Ordnungswidrigkeitenverfahren zugunsten eines Dritten die Aussage verweigern oder aus eigennützigen Gründen leugnen zu dürfen und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, nicht anzuerkennen ist. Auch unter der Voraussetzung, dass der verfassungsrechtliche Schutz gegen Selbstbezichtigungen auch den Schutz davor umfassen sollte, eine Ordnungswidrigkeit nicht aufdecken zu müssen, wäre damit eine Fahrtenbuchauflage vereinbar.
Entsprechendes gilt auch im vorliegenden Zusammenhang, in dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass dem Kläger entsprechend seiner Behauptung "außerhalb des angefochtenen Bescheids keine Schreiben zugegangen sind, also insbesondere nicht das Anhörungsschreiben". Ebenso wie aus der für sich gesehen rechtmäßigen Handlungsweise des Betroffenen, der zugunsten eines Dritten die Aussage verweigert oder von dem Recht Gebrauch macht, sich wegen eines Verkehrsverstoßes nicht selbst bezichtigen zu müssen, in zulässiger Weise die Prognose abgeleitet werden darf, er werde auch bei künftigen Verstößen - seien sie von ihm selbst, seien sie von anderen begangen - von seinem Recht zu schweigen oder zu leugnen Gebrauch machen, darf auch zugrunde gelegt werden, der Halter werde bei künftig mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstößen den Zugang einfacher Briefsendungen nicht widerlegbar in Abrede stellen, mit denen ihm im Sinne des § 55 Abs. 1 OWiG Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Das damit verbundene Risiko, dass derartige Verkehrsverstöße ungeahndet bleiben, muss die Rechtsordnung nicht von Verfassungs wegen hinnehmen, weil sie sich damit für einen nicht unbeträchtlichen Teilbereich von vornherein der Möglichkeit begäbe, durch die Androhung von Sanktionen Verkehrsverstößen und den damit verbundenen Gefahren namentlich für die anderen Verkehrsteilnehmer im allgemeinen Interesse vorzubeugen (vgl. Beschluss des BVerwG vom 11. August 1999 - 3 B 96.99 -, NZV 2000, 385 f.).
Diese Erwägungen beanspruchen Geltung auch für den Fall, dass die Straßenverkehrsbehörde eine Fahrtenbuchauflage ohne vorherige Anhörung des Fahrzeughalters nach § 28 Abs. 1 HVwVfG erlässt (so dass letztlich von ihr auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser tatsächlich erst jetzt Kenntnis von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß erlangt), die erforderliche Anhörung aber wirksam nachgeholt wird. Dies ist hier in einer den Anforderungen des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 HVwVfG entsprechenden Weise dadurch geschehen, dass die Beklagte auf den Widerspruch des Klägers vom 22. August 2002 mit Schreiben vom 4. September 2002 inhaltlich eingegangen ist und im Einzelnen dargelegt hat, aus welchen Gründen ihm nicht abgeholfen werden könne.
Die Ausübung des der Beklagten durch § 31a Abs. 1 StVZO eingeräumten "intendierten" Ermessens (Senatsurteil vom 25. Juni 1991 - 2 UE 2271/90 -, VRS 83/1992, 236) ist schließlich ebenfalls gerichtlich nicht zu beanstanden. Die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger um einen verkehrsrechtlich bislang nicht auffällig gewordenen Kraftfahrer handelt, zwingt nicht dazu, von einer - ohnehin auf die Dauer von sechs Monaten befristeten - Fahrtenbuchauflage unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten Abstand zu nehmen. Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, setzt als Maßnahme der vorbeugenden Gefahrenabwehr nicht die Besorgnis voraus, dass künftig gerade der Fahrzeughalter als Führer seines Kraftfahrzeugs Verkehrszuwiderhandlungen begehen könnte (Beschluss des BVerwG vom 23. Juni 1989 - 7 B 90.99 -, NJW 1989, 2704 f.). Im Übrigen durfte dem Umstand ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden, dass es sich bei der am 21. Februar 2002 mit dem Fahrzeug des Klägers begangenen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 42 km/h um einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß handelt, der im Falle der Fahrerfeststellung sogar zur Anordnung eines einmonatigen Fahrverbots geführt hätte.
Nach allem ist auf die Berufung der Beklagten das angefochtenen Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil der entscheidungserheblichen, von dem erkennenden Senat bejahten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukommt, ob dem Halter eines Fahrzeugs die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann aufgegeben werden darf, wenn sich die für die Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständige Behörde mangels anderweitiger Erfolg versprechender Ermittlungsansätze auf die Übersendung eines Anhörungsbogens und einer Fahreranfrage zu einer Kennzeichenanzeige beschränkt, der Halter aber in nicht zu widerlegender Weise behauptet, keines dieser ihm angeblich durch einfachen Brief übermittelten Behördenschreiben tatsächlich erhalten zu haben.
Ende der Entscheidung
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